Der Schreck ist groß: im Briefkasten liegt ein Schreiben eines Rechtsanwaltes, der für die Verbreitung eines Musikalbums, eines Films oder eines Hörspiels über ein Programm namens „emule“, „BitTorrent“ oder „Gnutella“ eine erhebliche Geldsumme fordert. Man sei jedoch bereit, gegen eine Zahlung eines geringeren als dem eigentlich zustehenden Betrages und Abgabe einer Unterlassungserklärung die Sache auch sich beruhen zu lassen.
Wenn man das Werk, das abgemahnt worden ist überhaupt kennt – ganz zu schweigen von dem benutzen Programm – stellt sich für den Empfänger zunächst die Frage, was dieses Schreiben soll.
Kommt einem der Name des Künstlers bekannt vor, weil der des Künstlers ist, der vom Nachwuchs verehrt und angehimmelt wird, ist meistens klar, dass der Nachwuchs sich „günstig“ aus dem Internet das Album des Idols runtergeladen hat.
Der Brief und die Forderung ist jedoch nicht an den Nachwuchs, sondern an den erwachsenen Elternteil gerichtet. Als Adressat hat man ja selbst nichts gemacht. Eine Haftung oder Verantwortlichkeit scheidet damit doch aus, oder?
Nach dem derzeitigen Regelungen ist ein Kind, dass noch nicht das siebte Lebensjahr vollendet hat, für einen Schaden den es an fremdem Eigentum, der Gesundheit oder anderen Rechtsgütern eines anderen verursacht hat nicht verantwortlich.
Nach dem siebten Geburtstag bis zum zehnten Geburtstag ist das Kind nicht für den Schade verantwortlich, wenn es bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug oder Straßenbahn einen Schaden verursacht.
Hier ist jedoch die Ausnahme zu berücksichtigen dass der Schaden nicht im „ruhenden verkehr“ also an einem ordnungsgemäß geparkten Auto eingetreten sein darf ist. Es gibt keinen Grund warum der Eigentümer eines parkenden Autos bei der Beschädigung durch einen Achtjährigen anders behandelt soll, als wenn ein Fenster oder ähnliches beschädigt wird. Aus diesem Grund hat der BGH im Jahr 2002 über den Wortlaut des Gesetzes hinaus eine Haftung der Eltern durch von ihren Kindern verursachte Schäden bejaht.
Hat das Kind das zehnte Lebensjahr vollendet, ist es bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres nur für einen Schanden verantwortlich, wenn es hinsichtlich seines Alters und Entwicklungsstandes die erforderliche Einsicht für die Rechtswidrigkeit der Handlung hat.
Rechtlich gesehen macht es keinen Unterschied, ob ein Kind eine Fensterscheibe beim Fußballspielen zerstört, ein Auto zerkratzt oder eine Urheberrechtsverletzung durch das Herunterladen oder Hochladen eines Musikwerkes begeht.
Ist das im Haushalt des Abgemahnten lebende Kind oder Jugendlicher nach diesen Regelungen nicht für den Schaden zu belangen, stellt sich die Frage, ob der Rechteinhaber nicht gegen die Eltern wegen einer Aufsichtspflichtverletzung selbst dafür haften kann.
Auch hier gilt in Zeiten des Internets die Regelung des über 100 Jahre alten BGB. Ein Aufsichtspflichtiger haftet wegen einer eignen Pflichtverletzung, wenn es wegen einer Aufsichtspflichtverletzung zu einem Schaden kommt, den der Nachwuchs verursacht hat.
Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gesetz dem Aufsichtspflichtigen recht hohe Hürden in den Weg stellt.
Denn das BGB vermutet für den Rechteinhaber, dass der Aufsichtspflichtige (in diesem Fall beide Elternteile) seine Aufsichtspflicht verletzt hat, in dem er es unterlassen hat, die erforderlichen Handlungen zur Abwendung des Schadens vorzunehmen und dass zwischen dem Schaden und der verletzen Aufsichtspflicht eine ursächlicher Zusammenhang besteht.
Es ist damit Sache der Eltern dem Gegner und dem Gericht darzulegen und zu beweisen, dass man die Aufsichtspflicht erfüllt hat und dass der Schaden auch bei Wahrnehmung der Aufsichtspflicht der Schaden eingetreten wäre.
Es ist damit Sache der Eltern, durch hinreichende Gespräche mit den Kindern oder Jugendlichen sowie auch Kontrollen dafür zu sorgen, dass vom Computer der Kinder über den Internetanschluss der Eltern keine Rechtsverletzungen begangen werden.
Konkrete Regelungen zu den Anforderungen der Aufsichtspflicht an einen Minderjährigen bestehen nicht im Gesetz.
Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich im Einzelfall nach Alter, Eigenart undCharakter des Kindes sowie nach der Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihrem jeweiligen Verhalten zugemutet werden kann. Entscheidend ist letztlich, was ein verständiger Aufsichtspflichtiger nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen muss, um die Schädigung Dritter durch das Kind zu verhindern.
Es kommt in diesem Zusammenhang wesentlich darauf an, welche Veranlagung und welches Verhalten das Kind in der jeweiligen Altersstufe an den Tag legt und in welchem Umfang die bisherige Erziehung Erfolge gezeigt hat.
Wer also weiß, dass sein Kind bestimmte Verhaltensweisen an den Tag legt, wenn es nicht kontrolliert wird, kann sich selbstverständlich niemals erfolgreich darauf berufen, dass er seiner Aufsichtspflicht entsprochen hat.
Hängt das Kind die meiste Zeit des Tages vor dem Rechner, so dürfen die Anforderungen an die Aufsichtspflicht höher liegen, als bei einem Kind, dass sich nur selten an den Computer setzt.
Eine höchstrichterliche Rechtsprechung, ob Eltern haften, wenn Minderjährige, denen die Einsicht für das Verbotene ihres Tuns fehlt, wenn sie urheberrechtswidrige Handlungen begehen, besteht nicht. Kinder in einem Alter von acht bis dreizehn Jahren dürften nicht ihr Verhalten einschätzen können, dass sie etwas rechtwidriges tun. Bei älteren Kindern dürften die Aufsichtspflichten hingegen Maßnahmen ergreifen müssen, um nicht wegen einer eignen Pflichtverletzung für die rechtswidrige Handlung der Kinder haftbar gemacht zu werden.
Eltern, die ihre Kinder völlig unbeaufsichtigt surfen lassen, dürften ihre Aufsichtspflicht verletzen. Wenn aber Kinder etwa im Rahmen eines kontrollierten Umgangs mit dem Computer etwa kurzfristige Zeitlöcher“ ausnutzen, um die genannten Urheberrechtsverstöße zu begehen, w
Wenn offensichtlich täglich mehre Stunden gesurft wird, ohne dass die Eltern ihre Kinder dabei wenigstens stichprobenartig kontrollieren, dürfte das eine Haftung begründen.
Eltern sind – trotz einer eventuell bestehendenUnkenntnis von Computern und Internet – gut beraten, wenn Sie ihren Sprösslingen hin und wieder mal über die Schulter schauen.
Kommt man dabei zu dem Ergebnis, dass hier Urheberrechtsverstöße begangen werden ist – sogar unter Einschaltung eines Fachmannes – die Einrichtung eines Internetfilters geboten.
Kanzlei Cäsar-Preller
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