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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied nunmehr, dass einem Vater der Umgang mit seinen Kindern nicht verwehrt werden darf auch wenn er nie mit seinen Kindern zusammen gelebt hat und ein anderer Mann im Rechtssinne der Vater der Kinder ist.
In dem vom Europäischen Gerichtshof zu entscheidenden Fall bat der leibliche Vater vielfach bereits vor der Geburt als auch nach der Geburt die Kindesmutter, ihm Umgang mit den Zwillingen zu gewähren. Die Kindesmutter und ihr Ehemann, mit dem diese bereits drei andere Kinder hatte und mit dem sie zum Zeitpunkt der Geburt der Zwillinge verheiratet war, wodurch der Ehemann der  rechtliche Vater der Zwillinge ist, lehnten die Bitten des leiblichen Vaters ab.
Der leibliche Vater stellte sodann einen Antrag auf Umgangsrecht beim Amtsgericht, welches zu seinen Gunsten entschied, dass ihm zumindest einmal im Monat betreuter Umgang für eine Stunde zu gewähren ist, da er als enge Bezugsperson Recht auf Umgang mit den Kindern habe und der Kontakt im Kindeswohlinteresse liege. 
Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde der Kindesmutter und ihres Ehemannes hob das Oberlandesgericht den Beschluss des Amtsgerichts auf und wies den Antrag des leiblichen Vaters auf Umgang mit seinen Kindern zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der lediglich leibliche Vater kein umgangsberechtigter Elternteil sei, da sich das Umgangsrecht auf die Eltern im Rechtssinne beziehe und nicht auf den rein biologischen Vater. Vater im Rechtssinne sei jedoch der Ehemann der Kindesmutter, welcher mit dieser zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet war. Auch würden vorliegend die Voraussetzungen nicht vorliegen, um als enge  Bezugsperson ein Umgangsrecht zu beanspruchen, da zwischen ihm und den Kindern keine sozial-familiäre Beziehung aufgebaut worden sei. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei es hierbei auch unerheblich, ob der Kontakt zwischen dem leiblichen Vater und den Kindern in deren Interesse läge. Das Grundgesetz schütze den Umgang des leiblichen Vaters mit seinem Kind nur soweit, als eine sozial-familiäre Beziehung bereits besteht. Geschützt sei aber nicht der Wunsch des Vaters, eine Beziehung zum Kind aufbauen zu können.
Der Europäische Gerichtshof entschied daraufhin, dass die Entscheidung des deutschen Oberlandesgerichts einen Eingriff in Artikel 8 derEuropäischen Menschenrechtskonvention darstellt.
Der Wunsch, eine familiäre Beziehung aufzubauen, fällt in den Geltungsbereich von Artikel 8, wenn es nicht dem leiblichen Vater zu zuschreiben ist, dass bislang keine Beziehung aufgebaut werden konnte; das „Privatleben“ im Sinne von Artikel 8 des leiblichen Vaters war betroffen. Vorliegend wollte der leibliche Vater den Umgang mit seinen Kindern – er hatte von Anfang an ein ernsthaftes Interesse an den Kindern gezeigt –  und bat immer wieder die Kindesmutter hierum, welche ihm jedoch jeglichen Kontakt verweigerte. 
Nach deutschem Recht war dieser Eingriff in das „Privatleben“ gesetzlich vorgesehen, da die maßgebliche Bestimmung im BGB vorsieht, dass eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Der Wille des Gesetzgebers hierbei ist, bestehenden Familienbindungen Vorrang gegenüber der Beziehung des leiblichen Vaters zu seinem Kind einzuräumen. Eine Untersuchung der Frage, ob Kontakte zwischen dem leiblichen Vater und den Kindern in deren Interesse liegt, war von daher gar nicht vorgesehen. Die Bestimmungen des deutschen Rechtes betrafen somit auch Fälle, in denen die Tatsache, dass eine solche Beziehung noch nicht bestand, gar nicht dem biologischen Vater zu zuschreiben war.
In vielen anderen Staaten haben die Gerichte die Möglichkeit zu überprüfen, ob der Kontakt zwischen dem leiblichen Vater und seinem Kind im Kindeswohlinteresse liegt und können sodann ggf. dem leiblichen Vater den Umgang gewähren.
Auch der Europäische Gerichtshof erkannte an, dass die bestehenden Bindungen gleichermaßen schutzwürdig sind wie die Beziehung des leiblichen Vaters zu seinem Kind. Es wäre jedoch eine gerechte Abwägung zwischen den konkurrierenden Rechten mehrere Betroffener notwendig gewesen – nämlich denen der Kinder, der Kindesmutter, des leiblichen Vaters, des rechtlichen Vaters und der Kinder der Mutter mit dem rechtlichen Vater, mithin der Halbgeschwister.
Diese Abwägung sah der Europäische Gerichtshof von dem deutschen Gericht nicht vorgenommen. Insbesondere hatte es das Oberlandesgericht vollständig unterlassen, die Frage zu prüfen, ob der Kontakt zwischen den Kindern und dem leiblichen Vater im Kindeswohlinteresse liege.
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