Derjenige, der mit seinem Fahrzeug rückwärts fährt, unterliegt einer gesteigerten Sorgfaltspflicht. Er hat in besonderem Maße darauf zu achten, andere Verkehrsteilnehmer nicht zu behindern oder zu gefährden. Im Falle eines Unfalles wird sein (alleiniges) Verschulden vermutet.
Ab welchem Zeitpunkt jedoch entfällt diese Pflicht?
Einem aktuellen Urteil des OLG Hamm vom 11.09.2012, Az. I-9 U 32/12, zufolge wirkt sich diese Pflicht selbst dann noch aus, wenn der Verkehrsteilnehmer bereits wieder zum Stehen gekommen ist.
Dem Urteil lag ein Verkehrsunfall auf einem Parkplatz zu Grunde. Eine Verkehrsteilnehmerin, die mit ihrem Fahrzeug auf der Parkplatzfahrbahn rückwärts fuhr, kollidierte mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug rückwärts aus einer Parklücke lenkte, unmittelbar vor dem Zusammenstoß jedoch bereits wieder zum Stehen gekommen war. Letzterer klagte auf vollen Ersatz seiner Reparaturkosten und stützte sich hierbei auf die Tatsache, dass er im Zeitpunkt der Kollision bereits wieder gestanden habe. Im Unterschied zu der anderen Verkehrsteilnehmerin habe er daher keiner gesteigerten Sorgfaltspflicht mehr unterlegen.
Das Landgericht Essen folgte in erster Instanz der Argumentation des Klägers. Das Oberlandesgericht Hamm änderte das Urteil nunmehr jedoch ab und stellte ein jeweils hälftiges Mitverschulden beider Verkehrsteilnehmer fest. Selbst wenn der Kläger unmittelbar vor dem Zusammenstoß bereits wieder gestanden habe, sei der Unfall noch auf die typischen Gefahren des Rückwärtsfahrens zurückzuführen. Auch sein Mitverschulden werde daher aufgrund des vorherigen Zurücksetzens vermutet. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge führe folglich zu einer hälftigen Schadensteilung.
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