Grundsätzlich werden beispielsweise behinderte Menschen vor Diskriminierung geschützt, was u. a. im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt ist. Bislang galt demgegenüber Fettleibigkeit nicht als Behinderung, was sich zukünftig nach einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ändern könnte, meint der Wiesbadener Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller.
Im nun vom EuGH entschiedenen Fall (Aktenzeichen C-354/13) wurde einem dänischen Tagesvater, der während seiner gesamten Beschäftigungszeit nie weniger als 160 Kilogramm wog, nach 15 Jahren von der ihn beschäftigenden Gemeinde gekündigt. Der Betroffene unternahm zwar einige Versuche, um abzunehmen, scheiterte aber und nahm immer wieder zu. Die Leitung des Betreuungsdienstes besuchte ihn häufig und erkundigte sich auch regelmäßig nach seinen Fortschritten beim Abnehmen, berichtet Cäsar-Preller.
Die Gemeinde, die den Mann beschäftigte, kündigte ihm im Jahre 2010 mit der Begründung, dass der Bedarf an Kinderbetreuung zurückgehe. In einem folgenden Gespräch wurde zwar auch das Übergewicht des Mannes angesprochen, dies sei jedoch kein Kündigungsgrund gewesen. Der gekündigte Tagesvater fühlte sich von der Kündigung dennoch diskriminiert und klagte im Anschluss.
In seinem Urteil führt der EuGH aus, dass eine Diskriminierung wegen Fettleibigkeit nach EU-Recht zwar nicht direkt verboten sei, jedoch könnte Fettleibigkeit bzw. Adipositas aber eine Behinderung sein, wenn sie so gravierend ist, dass sie zum Hindernis für die volle, mit anderen Arbeitnehmern gleichberechtigte Teilhabe am Berufsleben führt. Ein besonderer Schutz vor Diskriminierung müsse gegeben sein, wenn eine Person aufgrund ihres Gewichtes dauerhaft körperlich, geistig oder psychisch so stark beeinträchtig ist, dass sie nicht gleichberechtigt mit anderen Arbeitnehmern im Berufsleben tätig sein kann, erklärt Cäsar-Preller. Dies ist aber nur bei einer besonders schweren und krankhaften Adipositas-Erkrankung der Fall.
Rechtsanwalt Cäsar-Preller sagt, dass das vorliegende Urteil des EuGH auch Auswirkungen auf das deutsche Recht haben könnte, in welchem eine Adipositas-Erkrankung an sich noch nicht zu einer Anerkennung einer Schwerbehinderung führt. Nur sogenannte Folgeerkrankungen, wie etwa Herz-Kreislauf-Krankheiten, werden hier berücksichtigt. Es bleibt also abzuwarten, wie deutsche Gerichte mit der Entscheidung des EuGH in ähnlich gelagerten Fällen umgehen werden.
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