Nach dem von den deutschen Versicherern kritisierten „Unisex-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) müssen für Männer und Frauen zukünftig nur noch einheitliche Tarife angeboten werden. Dieses Urteil sei kein Sieg für den Verbraucherschutz, klagt derPräsident des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Rolf-Peter Hoenen.
Bisher wurde bei den Tarifen die längere Lebenserwartung von Frauen berücksichtigt und somit der durchschnittlich höheren in Anspruch genommenen Leistung Genüge getan. Durch die Unisex-Tarife würde systematisch immer ein Geschlecht benachteiligt werden, da statistisch nachgewiesene Leistungsunterschiede nicht mehr abgebildet werden könnten. Es würde ein echtes Problem für die Versicherer entstehen, wenn sie sich verkalkulieren, warnen Experten. Sicherheitszuschläge müssten vor allem von Lebensversicherern von ihren Kunden verlangt werden. Solange keine empirischen Erfahrungen vorliegen, sei es nur schwer vorherzusagen, wie viele Kunden des faktisch benachteiligten Geschlechts auf eine Versicherung zu einem teureren Tarif verzichten müssten.
Bereits als die einheitlichen Tarife der Riesterrente vor sechs Jahren eingeführt wurden, hatte der GDV im Voraus vor erheblichen Verzerrungen gewarnt. Man erklärte, dass der Verband hinsichtlich der Risikoangemessenheit auch die Riester-Tarife weiterhin nicht für vernünftig halte.
Das vergangene Jahr war ganz besonders für die Sachversicherer ein schwieriges Jahr, da ihr versicherungstechnischer Gewinn um 60 Prozent auf 1 Milliarde Euro fiel. Dies ist auf die vielen Naturereignisse des zurückliegenden Jahres zurückzuführen, wie der Orkan Xynthia, Sommerhochwasser und der vorzeitige Wintereinbruch. Dies hat die Versicherungsleistungen 2010 auf 43,2 Milliarden Euro hochgetrieben. Dieser Wert wurde bislang nur 2002 überschritten. Erstmals seit sechs Jahren stiegen die Beitragseinnahmen wieder auf 55,1 Milliarden Euro. In der Autoversicherung, der größten Sachversicherungsparte, entfalle laut Insidern inzwischen auf jeden verdienten Euro für Schäden und Kosten ein Betrag von 1,07 Euro. Aufgrund der Kapitalanlage gelänge es nur noch knapp, betriebswirtschaftlich profitabel zu sein.
Weiterhin sei das Kundenverhalten in der Lebensversicherung ungewiss. Hier stiegen die Beitragseinnahmen im letzten Jahr um 6 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro. Dies sei vor allem dem seit nun zwei Jahren anhaltendem Boom der Einmalbeiträge zuzuschreiben, die um 30 Prozent zugenommen haben und inzwischen rund 30 Prozent der Beitragseinnahmen in der größten Sparte der Assekuranz ausmachen.
Allerdings machen Experten darauf aufmerksam, dass ein Teil des Geschäfts sehr abhängig von der Zinsentwicklung sei. Würde sich dieser Boom abschwächen, hätte es das Sinken der Beitragseinnahmen 2011 zur Folge. Im Vorjahr brach das Geschäft gegen laufende Beiträge um 1,4 Prozent ein. Die Einnahmen der deutschen Krankenversicherer wuchsen um 5,8 Prozent auf 33,3 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu den Lebensversicherern steht es ihnen frei, auch nachträglich ihre Beiträge anzupassen, was die Hälfte des Zuwachses ausmacht.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller, Wiesbaden
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