In den letzten Monaten haben zwei bemerkenswerte Entscheidungen aus Frankfurt für Furore gesorgt und Anlegern offener Immobilienfonds wie z. B. DEGI International, Axa ImmoSelect, SEB ImmoInvest und andere, neue Hoffnung bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gemacht – unabhängig davon, ob eine Zeichnung 2002, 2005 oder erst 2009 erfolgt ist (vorausgesetzt natürlich, es ist keine Verjährung eingetreten).
Grundlegend sind hierbei sicherlich die Feststellungen des OLG Frankfurt am Main zum notwendigen Hinweis über das Risiko der Aussetzung der Anteilsscheinsrücknahme gem. § 81 InvG. In der Entscheidung vom 13.02.2013 (Az. 9 U 131/11), führt der 9. Senat wie folgt aus:
„Inhaltlich begründet sich die Pflicht zum Hinweis auf die Möglichkeit der Rücknahmeaussetzung mit dem damit begründeten Liquiditätsrisiko für den Anleger. Das den deutschen Investmentfonds prägende „Open-End-Prinzip“ basiert gerade auf dem Gedanken, die Liquidität der angelegten Geldbeträge für den Anleger zu gewährleisten, ohne ihn zu einem Verkauf an einer Börse oder sonstigen Sekundärmarkt zu zwingen (Reiter in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage, Rn. 9.55). Die deutschen Kapitalanlagegesellschaften müssen daher die ausgegebenen Anteile auf Verlangen der Anleger zurücknehmen. Dieses Grundprinzip des offenen Immobilienfonds erfährt in § 81 InvG eine Einschränkung. Der für den Fall der Aussetzung der Rücknahme mögliche ersatzweise Verkauf der Anteile über die Börse birgt – wie für alle Geschäfte an der Börse – erkennbar das Risiko, dass nur ein niedriger Preis als bei ordnungsgemäßer Rückgabe der Anteile erzielt werden kann. Die Tatsache der Aussetzung der Anteilsrücknahme wird nämlich in den Kurs eingepreist und führt zu Abschlägen (Schröder, Anmerkung zu LG Frankfurt, 19 O 334/11)“.
Das LG Frankfurt a. M. hat mit Urteil vom 22.05.2013 (Az. 2-02 O 168/12) eine Schadensersatzpflicht einer Bank (Commerzbank AG) wegen Nichtaufklärung über das Schließungsrisiko bezüglich des offenen Immobilienfonds DEGI International auch vor dem Hintergrund bejaht, dass es zum damaligen Zeitpunkt eine andere Risikoeinstufung gegeben habe.
Auf S. 11 des Urteils führt das Landgericht aus:
„Die grundsätzliche Aufklärungsbedürftigkeit über das Risiko der Aussetzung der Anteilsrücknahme entfällt nicht dadurch, dass nach dem Vortrag der Beklagten offene Immobilienfonds zum Zeitpunkt der Beratung als besonders wertstabil sowie sicher gegolten hätten und die Anlage sogar als mündelsicher eingestuft worden wäre. Auch die Behauptung der Beklagten, dass in der damaligen wirtschaftlichen Lage keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass von der Möglichkeit der Aussetzung der Anteilscheinrücknahme Gebrauch gemacht werden würde, führt zu keiner anderen Beurteilung. (…) Auch bei einer grundsätzlich als sicher einzustufenden Anlage sind dem Anleger die charakteristischen Merkmale, Chancen und Risiken der Anlage aufzuzeigen, ungeachtet ihrer sich im Zeitpunkt der Beratung konkret abzeichnenden Relevanz für den Wert der Anlage. (…) Auch bedarf es zur Begründung der Aufklärungspflicht und der Wesentlichkeit des Gesichtspunktes für die Anlageentscheidung keiner sich verdichtender Anzeichen für bevorstehende Aussetzung der Anteilsscheinrücknahme (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.02.2013, Az. 9 U 131/11).“
Erfahrungsgemäß haben nur wenige Bankberater tatsächlich über das Schließungsrisiko aufgeklärt. Man sah sich hierzu nicht verpflichtet, da man das Risiko als zu gering einstufte. Ein fataler Irrtum, wie die oben genannte Rechtsprechung zeigt. Anlegern kann daher guten Gewissens empfohlen werden, im Falle der Nichtaufklärung Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Die Rechtsanwälte der Kanzlei Cäsar-Preller in Wiesbaden beraten neben vielen anderen Rechtsgebieten auch in sämtlichen Angelegenheiten des Kapitalmarktrechts. Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller selbst ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht.
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