Die Möglichkeit des Rechtsschutzes darf nicht dadurch erschwert werden, dass die Gemeinde und ihre Stadtwerke öffentlich- rechtliche Gebühren und private Entgelte in einer Weise erheben, die die Qualität des Gebührenbescheids als Verwaltungsakt der Gemeinde verschleiert.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks (in Karlsruhe), welches sie vermietet hatte. Nach dem Auszug der Mieter ging ihr ein Schreiben der Stadtwerke GmbH zu, in welchem sie für die im Vermietungszeitraum angefallenen Kosten der Trinkwasserversorgung sowie der Abfall- und Abwasserversorgung in Anspruch genommen wurde. Eine Zahlung der Gebühren hinsichtlich der Abfall- und Abwasserversorgung erfolgte nicht. Die Stadtwerke drohten deshalb Vollstreckungsmaßnahmen an. Mangels Einlegung eines Widerspruchs gegen die Kosten der Abfall- und Abwasserversorgung, deren Erhebung als Verwaltungsakt in Gestalt eines Gebührenbescheids zu qualifizieren sei, sei dieser Verwaltungsakt bestandskräftig geworden und damit vollstreckungsfähig. Die Klägerin klagte vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt hinsichtlich der angedrohten Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Klage hatte Erfolg. Das Verwaltungsgericht führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass der Verwaltungsakt gem. § 44 II Nr. 1 VwVfG nichtig sei, da er die Stadt, als erlassende Behörde nicht erkennen lasse. Ein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt liegt somit nicht vor.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Diese wurde von dem VGH zurückgewiesen.
Der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden- Württemberg stimmt dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der Rechtsfolge, des Fehlens eines vollstrechungsfähigen Verwaltungsaktes zu. Allerdings ist nach der Auffassung des VGH für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, dass das Schreiben hinsichtlich der Gebührenerhebung für die Abfall- und Abwasserversorgung ein Verwaltungsakt der Stadt ist. Die Stadtwerke seien ein privatrechtliches Unternehmen, das die Bürger mit Wasser, Gas, Strom und Fernwärme versorge. Hierfür seien sie befugt, als Gegenleistung, ein privates Entgelt in Rechnung zu stellen. Die Abwasser- und Abfallversorgung sei eine Aufgabe der Leistungsverwaltung, der Daseinsvorsorge der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Bürger, und damit eine in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde/ Stadt, der Beklagten, fallende Aufgabe. Die öffentliche Hand kann für die Erbringung dieser Leistung von dem Bürger Gebühren verlangen. Dass die Stadtwerke GmbH von der Stadt mit der Einziehung der Gebühren beauftragt wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um eine hoheitliche Maßnahme der öffentlichen Hand gegenüber dem Bürger handelt. Die Stadtwerke handeln insoweit nur im Namen und im Auftrag der Stadt und sind somit empfangsberechtigte hinsichtlich eingehender Zahlungen. Dass Rechtsverhältnis besteht, soweit die Gebühren für die Abfall- und Abwasserversorgung betrifft, zwischen der Stadt und dem Bürger.
Die Tatsache, dass die Stadt gegenüber dem Bürger einen Verwaltungsakt erlässt, muss für diesen auch erkennbar sein. Hinsichtlich der Frage ob eine Maßnahme als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, kommt es primär auf die äußere Form an. Maßgebend ist, wie der Adressat das Schreiben, bei verständiger Würdigung des Falls verstehen konnte. Anhaltspunkte sind hierbei die äußere Form. Die Abfassung, Begründung sowie bspw. die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung.
Das der Klägerin zugegangene Schreiben lasse den Unterschied zwischen der „privaten“ Rechnung und der Tatsache, dass es sich bei den Kosten der Abfall- und Abwasserversorgung um einen Gebührenbescheid handele, gegen den der Adressat innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegen muss, um seine Rechte nicht zu verlieren, nicht zu entnehmen.
Das Schreiben ist damit als Verwaltungsakt der Stadt gegenüber der Klägerin, für diese als solches nicht erkennbar gewesen. Zwar liegen die materiell- rechtlichen bzw. inhaltlichen Voraussetzungen des. § 35 1 VwVfG vor, jedoch ist der Verwaltungsakt, wie erstinstanzlich bereits ausgeführt, gem. § 44 I Nr. 1 VwVfG mangels Erkennbarkeit eines Adressats nichtig.
Eine Vollstrechungsgrundlage liegt somit nicht vor.
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