Es dürfte kaum ein Rechtsgeschäft geben, bei welchem die Vorstellung des Laien so sehr von der tatsächlichen, durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) vorgegebenen Rechtslage abweicht, wie dies bei der Schenkung der Fall ist. Dieser Beitrag hat zum Ziel, mit einigen gängigen und geläufigen Irrtümern einmal aufzuräumen.
1. Eine Schenkung ist etwas Einseitiges und Unverbindliches
Das BGB behandelt die Schenkung systematisch als einen Vertrag, und zwar letztlich genauso wie einen Kauf-, Miet- oder Arbeitsvertrag. Zwar schuldet der Beschenkte dem Schenker gerade keine Gegenleistung, anders als bei den anderen Verträgen (Ware gegen Geld, Bereitstellung einerWohnung gegen monatliche Mietzahlung, Arbeitstätigkeit gegen Lohn). Aber alle diese Verträge, auch die Schenkung beruhen auf Gegenseitigkeit, sprich: Eine Leistung wird angeboten und der Vertragspartner muss diese auch annehmen. Auch bei der Schenkung ist somit die Abgabe der Willenserklärung seitens des Beschenkten notwendig! Alles andere wäre auch noch schöner, könnte der Schenker doch sonst einer anderen Person jeden beliebigen Gegenstand via Schenkung „aufoktroyieren“, ohne dass der Beschenkte sich hiergegen wehren könnte. Bedeutsam ist der Punkt aber auch bei der Schenkung an Geschäftsunfähige, z.B. Kinder unter 7 Jahren: Diese können laut Gesetz keine wirksame Willenserklärung abgeben, so dass jedenfalls bei strenger Lesart des Gesetzeswortlaut eine Schenkung an unter siebenjährige Kinder nicht wirksam erfolgen kann.
Darüber hinaus ist auch ein Schenkungsvertrag ein Vertrag, der wie alle anderen Verträge verbindlich und zu erfüllen ist und die Vertragsparteien zu gegenseitigen Leistungen verpflichtet. Der Schenker hat dem Beschenkten die versprochene Leistung zu gewähren und Eigentum hieran zu verschaffen; der Beschenkte muss dies annehmen. Einseitig kommt man auch aus einem Schenkungsvertrag nicht wieder heraus; es gilt der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge auch zu erfüllen sind.
2. Eine Schenkung ist formlos möglich
Vorausgeschickt sei: Das Gesetz ordnet nur für ganz wenige Rechtsgeschäfte überhaupt ein Formerfordernis an, beispielsweise die Schriftform. Mündliche Vertragsabschlüsse sind im Regelfall genauso wirksam und verbindlich wie schriftliche. Dass in der Praxis trotzdem häufig die Schriftform bevorzugt wird, liegt natürlich daran, dass schriftliche Abreden wesentlich besser bewiesen werden können und eine Partei nicht nachher einfach einen ganz anderen Vertragsinhalt behaupten kann. Trotzdem: Durch das Gesetz vorgeschrieben ist die schriftliche Fixierung von Verträgen in den meisten Fällen nicht.
Den Laien überraschst es nun immer wieder, dass das Gesetz ausgerechnet bei einer Schenkung eine Ausnahme macht- denn für eine Schenkung ist nicht nur die Schriftform, sondern sogar die Beurkundung durch einen Notar vorgeschrieben! Dies bedeutet: Ein Schenkungsvertrag ist per se nur dann wirksam, wenn beide Parteien die Erklärung vor einem Notar abgegeben haben; andernfalls ist der Vertrag nichtig. Die Vernunft dieser Vorschrift liegt natürlich darin, dass sich der Schenker gut überlegen soll, ob er tatsächlich einen Gegenstand aus seinem Vermögen unentgeltlich und ohne Gegenleistung abgeben will. Das Erfordernis der Beurkundung schützt den Schenker insoweit vor einer übereilten Entscheidung; er soll sich über deren Tragweite bewusst sein.
Hier wird der Laie nun wirklich ins Grübeln kommen. „Moment, ich habe doch schon so viele Sachen verschenkt und geschenkt bekommen, ohne eigens zum Notar zu gehen- war dies nun alles unwirksam und kann ich alle Geschenke zurückfordern, da die Verträge doch damit nichtig waren?“ Die Antwort: Natürlich nicht! Das Gesetz nimmt die Fälle der so genannten „Handschenkung“ aus. Das bedeutet: Wenn ich eine Schenkung verspreche und die geschenkte Leistung auch bewirke, also den Schenkungsgegenstand an den Beschenkten übergebe, wird der Formmangel geheilt. Nach der Übergabe des Schenkungsgegenstandes kann sich der Schenker also nicht mehr darauf berufen, dass der Vertrag wegen eines Formmangels nichtig war.
3. „Geschenkt ist geschenkt- wieder holen ist gestohlen!“
Und auch hier gilt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Wie bereits vorbesprochen gilt die Schenkung als bindender Vertrag, der selbst bei einem Verstoß gegen das Formerfordernis (bei fehlender notarieller Beurkundung) nach Übergabe des Schenkungsgegenstandes voll rechtswirksam ist. Die einfache einseitige Aussage des Schenkers: „Ich will es zurück!-“ geht daher ins Leere.
Doch auch hier kennt das Gesetz Ausnahmen und zwar hauptsächlich deren drei:
a) Nichtvollziehung einer Auflage
Dies versteht sich von selbst: Wird der Gegenstand verschenkt und dem Beschenkten eine Auflage gemacht, kann dieser den Gegenstand natürlich nicht behalten, wenn er der Auflage nicht nachkommt. Dies ist praktisch bedeutsam z.B. wenn Eheleute ihrer erwachsenen Tochter ein Hausgrundstück überlassen und zwar mit der Auflage, dass die Tochter dafür die Eltern bis zu deren Ableben „pflegen“ muss. Kommt die Tochter dem nicht nach, kann sie dazu gezwungen werden, den Eltern das Haus zurückgegeben. Bedauerlicherweise kommt es in diesen Fällen oft zum Streit, da in den Verträgen für gewöhnlich nicht genau festgehalten wird, was unter „pflegen“ zu verstehen sein soll. Eine kompetente Rechtsberatung tut insoweit regelmäßig Not.
b) Verarmung des Schenkers
Kann der Schenker seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln nicht mehr bestreiten, ist denkbar, dass er wirtschaftlich bedeutsame Schenkungsgegenstände zurückholen kann. In der Praxis wird sich wohl kaum jemand gegenüber dem Schenker selbst die „Blöße geben“, müsste er doch dann dem Beschenkten gegenüber seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen. Doch gleichwohl ist die Vorschrift bedeutsam, und zwar vor allem in Fällen, in denen der Schenker soziale Leistungen in Anspruch nimmt. Kommt das Sozialamt auf den „Trichter“, dass der Schenker sich durch die Schenkung ärmer gemacht hat, als er sein müsste, kann es im Interesse der Allgemeinheit die Ansprüche auf sich überleiten und ohne Zutun des Schenkers selbst das Geschenkte zurückfordern.
c) Grober Undank
Im Gesetz schön abstrakt formuliert: Der Schenker kann das Geschenkte zurückfordern, wenn sich der Beschenkte ihm gegenüber „groben Undanks“ schuldig macht. Um es insoweit vorweg zu nehmen: Der praktische Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist sehr gering, es muss hier schon einiges Gravierendes in der persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem passieren, dass von „groben Undank“ im Rechtssinne ausgegangen werden kann. Das klassische „Du hast nicht danke gesagt“- reicht hier auf jeden Fall nicht!
In diesem Sinne: Ein frohes Weihnachtsfest, beschenken Sie reichlich und mögen Sie reich beschenkt werden!
Ihre
Kanzlei Cäsar-Preller
Neueste Kommentare