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Gericht rechnet mit bis zum 270 000 Betroffenen – Finanzämter wollen Steuervorteil aberkennen und Geld nachfordern
Frankfurt/Main – Die Göttinger Gruppe hat weitaus mehr Anleger geschädigt als bislang angenommen. Außerdem drohen sich die Verluste für die Betroffenen weiter auszuweiten. Vor der Insolvenz der wichtigsten GG-Tochter Securenta könnten bis zum 270 000 Anleger betroffen sein, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Göttingen. Bisher war von rund 100 000 Betroffenen die Rede, die insgesamt mehr als eine Mrd. Euro bei der Göttinger Gruppe eingezahlt haben sollen.
Anlegerschützer hielten diese Schätzung schon länger für zu niedrig. „In ihren Berichten hat die Göttinger Gruppe teilweise von 300 000 Anlegern gesprochen“, Institut für Anlegerschutz (DIAS). Nur rund 50 000 Sparer hätten auf Anraten von Anwälten und Verbraucherschützern ihre Sparverträge vorzeitig gekündigt und zumindest einen Teil ihrer Einzahlungen zurück erhalten. Inzwischen laufen gegen mehrere Tochtergesellschaften der Göttinger Gruppe Insolvenzverfahren. Die als sichere Altersversorgung verkauften Unternehmensbeteiligungen erwiesen sich als hoch spekulativ. Die verbliebenen Anleger können daher kaum noch auf Auszahlungen hoffen.
Im Gegenteil: Neben dem Verlust ihrer Ersparnisse müssen sie womöglich Steuern nachzahlen. Die Finanzämter prüften, ob die Sparer ihre auf Securenta-Einlagen gewährten Steuervorteile zurückzahlen müssen, erklärte der Gerichtssprecher. Das Finanzamt Göttingen wollte dies nicht kommentieren. Kapitalmarktexperten halten Nachforderungen des Fiskus jedoch für wahrscheinlich. „Damit muss man in solchen Betrugsfällen immer rechnen“, sagt ein Anlegeranwalt. Die Göttinger Gruppe beteiligte sich an verlustträchtigen Unternehmen und wies die Fehlbeträge den Anlegern zu, die diese von der Steuer absetzten. Die Steuerbehörden könnten nun unterstellen, dass diese Unternehmen nie ernsthaft vorhatten, Gewinne zu erwirtschaften. „Wenn aber eine Firma nur darauf ausgerichtet ist, Geld zu vernichten, dann erkennt das Finanzamt die daraus entstandenen Steuervorteile nicht an“.
Für die Sparer wäre dies ein harter Schlag. Denn für die meisten waren die Steuerrabatte die einzigen Erträge, die ihre Anlage bei der Göttinger Gruppe jemals abwarf. In den Neunzigerjahren sparte so mancher Anleger durch die Verlustzuweisungen mehr als 30 Prozent Steuern pro Jahr. Ihr eingezahltes Geld sahen sie dagegen in der Regel nicht wieder, weil die Göttinger Gruppe schon vor Ablauf der auf mindestens zehn Jahre ausgelegten „Pensions-Spar-Pläne“ in Schieflage geriet.
Viele Sparer haben daher im Laufe der letzten Jahre aufgehört, ihre monatlichen Beiträge an die Göttinger Gruppe zu zahlen. Ihnen drohen nun nicht nur Nachforderungen vom Finanzamt, sondern auch vom Insolvenzverwalter der Securenta, dem Hamburger Notar Peter Knöpfel. Nach Angaben eines Anlegeranwalts wird Knöpfel ausstehende Beträge einfordern, die entsprechenden Schreiben dürften die Sparer demnächst erreichen. Der Insolvenzverwalter war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. „Die Anleger haben aber durchaus Chancen, sich dagegen zu wehren“, so der Anlegeranwalt.
Hoffnungen machen den Sparern auchneue Urteile des Landgerichts Leipzig und des Amtsgerichts Neukölln. Anleger hatten gegen die Futura Finanz geklagt, einen der wichtigsten Vertriebspartner der Göttinger Gruppe. Sie warfen den Vertretern vor, nicht ausreichend über den von ihnen angebotenen „Master Star Fonds“ informiert zu haben. Die Betroffenen hätten die Verträge nicht unterschrieben, wenn sie von der Verbindung des Fonds zur Göttinger Gruppe gewusst hätten, so der Anwalt, der das Urteil erstritten hat. Die Richter folgten der Argumentation und sprachen den Anlegern Schadenersatz zu. Ähnliche Urteile sind gegen andere Vertriebsgesellschaften zu erwarten. Wie viel die Anleger von den juristischen Erfolgen haben, ist allerdings fraglich: Viele der kleineren Vertriebspartner der Göttinger Gruppe sind längst selbst zahlungsunfähig.

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