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Bundesgerichtshof entscheidet über zwei Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern
Karlsruhe, Wiesbaden. – Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen am 27.09.2011 zu Lasten von Lehman-Anlegern entschieden. Es ging um zwei Fälle gegen die Hamburger Sparkasse. Die erste Instanz in Hamburg hatte zugunsten der Anleger entschieden. Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte gegen die Anleger entschieden. Nun hat der Bundesgerichtshof endgültig die Klagen der zwei Anleger abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof meint in seinen Urteilen, dass es ein Unterschied sei, ob Gewinnmargen seitens des Kreditinstituts verschwiegen werden oder Provisionen und Rückvergütungen. 
In mehreren Urteilen seit 2006 hat der Bundesgerichtshof anlegerfreundlich entschieden, dass die Kreditinstitute verpflichtet sind, Anleger über vereinnahmte Provisionen bzw. Rückvergütungen, die sie von Emmitenten erhalten, zu informieren, und zwar bevor diese ihre Anlageentscheidung treffen. Verletzt das Kreditinstitut diese Verpflichtung, kann der Anleger nach wie vor Schadensersatz verlangen bis hin zum gesamten Wertverlustausgleich.
Der Bundesgerichtshof hat am 27.09.2011 lediglich entschieden, dass bei dem Verschweigen von Gewinnmargen, wie im Fall der Hamburger Sparkasse, dies nicht gelten soll. Verschweigt ein Kreditinstitut ihre Gewinnmarge beim Verkauf von Anlageprodukten, so besteht keine Schadensersatzpflicht, weil hier keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Gewinnmargen besteht.
Für die Anleger im konkreten Fall ist das natürlich eine unglückliche Unterscheidung. In den meisten bekannten Fällen geht es aber nicht um das Verschweigen von Gewinnmargen, sondern um verschwiegene Provisionen und Rückvergütungen, so dass sich für das Gros der Fälle durch die zwei BGH-Entscheidungen vom 27.09.2011 nichts für die Anleger ändert. Die Banken und Sparkassen bleiben schadensersatzpflichtig.
Der Bundesgerichtshof hat durch einen Pressesprecher auch klargestellt, dass es sich hier um Einzelfallentscheidungen handelt. Die Fälle haben nämlich auch die Besonderzeit, dass es den Anlegern hier nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die Bank fehlerhaft beraten hatte. Vielmehr konnte die Sparkasse sogar beweisen, dass sie auf die Risiken des Anlagegeschäfts hingewiesen hatte. Weiterhin handelt es sich bei den Klägern in den zwei Urteilsfällen um erfahrene Anleger, die bereits mehrere gleichgeartete Geschäfte vorher getätigt hatten, im Übrigen dort mit Erfolg. Diese zwei Punkte zeigen schon, dass man diese Urteile nicht verallgemeinern kann. Deshalb sollten sich die geschädigten Anleger nicht entmutigen lassen, auch weiterhin in Lehman-Zertifikats-Fällen ihr Recht auf Schadensersatz zu suchen.
Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller 
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle
Nr. 145/2011 vom 27.09.2011
Bundesgerichtshof entscheidet über zwei Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Parallelverfahren erstmals über Schadensersatzklagen von Anlegern im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. entschieden.  
In der Sache XI ZR 178/10 hatte der Anleger im Dezember 2006 auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der beklagten Sparkasse einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine „ProtectExpress-Anleihe“ investiert. In der Parallelsache XI ZR 182/10 hatte die dortige Klägerin im Oktober 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters derselben Sparkasse für 10.000 € eine „Bull Express Garant Anleihe“ erworben. In beiden Fällen handelt es sich um  Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung hingen bei der „ProtectExpress-Anleihe“ von der Wertentwicklung eines aus 10 Titeln des DAX 30-Index bestehenden Aktienkorbs („Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket“) und bei der „Bull Express Garant Anleihe“ von der Wertentwicklung des Aktienindex EuroStoxx 50 ab. Bei beiden Anleihen sollte der Anleger im für ihn ungünstigsten Fall den angelegten Betrag am Laufzeitende ohne Zinsen zurück erhalten.  
Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.Mit ihren Klagen verlangen die Anleger, die der beklagten Sparkasse mehrere Aufklärungspflichtverletzungen vorwerfen, im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages nebst Zinsen.  
Das Landgericht hat den Klagen stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klagen abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Kläger hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: 
Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen habe die Beklagte in beiden Fällen ihre Pflicht zur anleger- und objektgerechten Beratung nicht verletzt. Für die beklagte Sparkasse sei nach den unangegriffenen berufungsgerichtlichen Feststellungen zum Zeitpunkt des jeweiligen Beratungsgesprächs ein konkretes Insolvenzrisiko der Emittentin bzw. der Garantiegeberin nicht erkennbar gewesen; auch die Kläger hätten nichts anderes behauptet. Die Beklagte sei allerdings zur Aufklärung über das bei Zertifikaten der vorliegenden Art vom Anleger zu tragende sog. allgemeine Emittentenrisiko, wonach  die Rückzahlung des angelegten Kapitals von der Zahlungsfähigkeit des Emittenten abhängt, verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei sie indes nachgekommen. Das Berufungsgericht habe jeweils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anleger über das Risiko, bei einer Lehman-Insolvenz die Anlagesummen vollständig zu verlieren, hinreichend belehrt worden seien. In einem solchen Falle bedürfe es keiner zusätzlichen Aufklärung darüber, dass die streitgegenständlichen Zertifikate keinem Einlagensicherungssystem unterfielen, weil einer dahingehenden Information keine eigenständige Bedeutung zukomme. 
Zu Recht habe das Berufungsgericht ferner eine Aufklärungspflicht der beklagten Sparkasse über die Gewinnmarge der von ihr verkauften Zertifikate verneint. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfehle, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erziele; denn in einem solchen Fall sei es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolge, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden müsse. Nichts anderes gelte, wenn  – wie dies hier  nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts in beiden Sachen  der Fall war – fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (Festpreisgeschäft) zu einem über dem Einkaufspreis der Bank liegenden Preis veräußert werden. Dem stehe auch weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen, weil die Gewinnmarge beim Eigengeschäft keiner dieser beiden Fallgruppen zugeordnet werden könne. 
Für die von den Anlegern geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei schließlich ohne Belang, ob ihnen bekannt gewesen sei, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege des Eigengeschäfts der Beklagten erfolgt sei. Zu einer diesbezüglichen Informationspflicht sei die Beklagte vertraglich nicht verpflichtet gewesen. Die Annahme einer Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft laufe nämlich, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe, auf die als solche für den Anleger bedeutungslose Information hinaus, dass die Bank ihn über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. 
Urteil vom 27. September 2011 – XI ZR 178/10                                                          LG Hamburg – Urteil vom 23. Juni 2009 – 319 O 4/09                                             OLG Hamburg – Urteil vom 23. April 2010 – 13 U 118/09   
und 
Urteil vom 27. September 2011 – XI ZR 182/10
LG Hamburg – Urteil vom 1. Juli 2009 – 325 O 22/09 
OLG Hamburg – Urteil vom 23. April 2010 – 13 U 117/10 
(veröffentlicht WM 2010, 1029) 
Karlsruhe, den 27. September 2011 
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
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