Dabei lautet Ramsauers Zielvorgabe: „Ich will das einfacher, transparenter und handhabbarer machen. Dieses System ist derart kompliziert geworden, dass niemand mehr richtig durchblickt.“ Gleichzeitig soll damit die Verkehrssicherheit verbessert werden. Denn die Datei hat auch abschreckende Wirkung und soll Fahrern im Hinterkopf sein, damit es an der Radarfalle nicht blitzt. Der ADAC, der nach mit seinen Juristen mit an den Einzelheiten arbeitet, spricht von einer „Revolution in Flensburg“.
Das System soll „gestaucht und geschrumpft“ werden. Bisher gibt es einen komplizierten Katalog: Ordnungswidrigkeiten ab einem Bußgeld von 40 Euro werden mit einem bis vier Punkten bewertet, für Straftaten kommen fünf bis sieben Punkte in die Datei. Was die Reform genau für die große Palette der Delikte bedeuten wird, steht noch nicht fest. Sicher ist: Für Vergehen, bei denen es bisher bis zu drei Punkte gab, soll es nur noch einen Punkt geben. Für alle schwereren Vergehen, bisher mit drei bis sieben Punkten bewertet, ist eine zweite Gruppe geplant: mit zwei Punkten.
Ein Beispiel: Wer innerorts 31 bis 40 Kilometer pro Stunde zu viel auf dem Tacho hat, bekäme also künftig nur einen Punkt statt drei Punkten. Die „Höchststrafe“, der Entzug des Führerscheins, soll dafür vorrausichtlich bereits von acht Punkten an greifen; bisher sind es 18. Das klingt zunächst recht drastisch, wird sich aber wohl relativieren, da auch die Punktezahlen für die jeweiligen Delikte sinken.
Ein volles Konto von 14 und mehr Punkten hatten zuletzt etwa 62.000 Autofahrer, meist Männer. Das sind weniger als ein Prozent der erfassten Fahrer. Die Versicherungsbranche hält die Stoßrichtung für gut. Studien belegten, dass nicht die Punktezahl entscheidend für die Ermittlung notorischer Verkehrssünder sei, sondern die Zahl der Delikte. Dagegen sehen Juristen auch Nachteile, denn es erscheint höchst problematisch, wenn zur Verwaltungsvereinfachung kleine Nachlässigkeiten eines ansonsten verantwortungsbewussten Autofahrers mit dem bedenkenlosen Fehlverhalten von Verkehrsrowdies gleichgesetzt werden. Der Autoclub Europa hat ebenfalls Bedenken gegen eine radikale Beschränkung auf ein zweigeteiltes Punktesystem mit zu wenig Differenzierung.
Und was passiert eigentlich mit den alten Punkten? Die SPD warnt, bei einer Umstellung dürfe es keinen Straferlass geben. „Alle Punkte, die gesammelt wurden, müssen ihre Gültigkeit behalten und umgerechnet werden“, sagt Verkehrsexperte Sören Bartol. Bisher werden Punkte in Flensburg je nach Schwere des Vergehens nach zwei bis zehn Jahrenlöscht, wenn kein neuer Verstoß dazukommt. Angedacht ist nach Angaben der Unionsfraktion nun, dass künftig jeder Verstoß für sich verjähren soll – nach zwei oder drei Jahren.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert, eswerde ein funktionierendes und akzeptierendes System auf den Kopf gestellt. Von dort heißt es: „Sichere Straßen bekommt man vor allem durch eine konsequente Überwachung der dort geltenden Regeln. Das kann nur die Polizei – aber davon ist zu wenig da.“
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller, Wiesbaden
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