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Gern berichtet der Wiesbadener Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller in seiner Rubrik „Recht kurios“ auch einmal von außergewöhnlichen, nicht alltäglichen Rechtsfällen, die unter Umständen sogar eine heitere Note aufweisen. Hiermit lässt sich immer wieder demonstrieren, dass die Arbeit mit rechtlichen Materien keinesfalls immer so „trocken“ sein muss, wie es der Laie befürchtet.
In einem vom Verwaltungsgericht Sigmaringen zu entscheidenden Fall hatte ein Beamter auf dem Heimweg nach einem dienstlichen Auftrag, zu dem er mit seinem Privatwagen gefahren war, einen kurzen Umweg genommen, um im Supermarkt einen 6er-Pack Mineralwasserflaschen zu kaufen. Es kam, wie es kommen musste: Beim Ausparken stieß er auf dem Parkplatz mit einem anderen Auto zusammen. Die spannende Frage war natürlich nun: Wer haftet für den Schaden am Fahrzeug des Beamten? Die Haftpflichtversicherung des Dienstherren? Dies hängt tatsächlich davon ab, ob man die Fahrt des Beamten als privat oder dienstlich einzuordnen hat.
Dem Liebhaber gepflegter Sprachkultur wird empfohlen, den nun folgenden kursiv gedruckten Teil tunlichst zu überlesen, denn das von den Richtern im Leitsatz angeschlagene Amtsdeutsch ist in puncto Nüchtern- und Trockenheit wohl kaum zu toppen:
„Macht ein Beamter während einer Dienstreise einen Umweg, um sich mit einem Getränk zu versorgen, und kommt es dabei zu einer Beschädigung seines Kraftfahrzeugs, befindet sich der Beamte beim Eintritt des Schadens nur noch dann im Dienst, wenn der Einkauf ausschließlich dazu dienen soll, seine Fahrtüchtigkeit zu erhalten. Kauft er mehr ein, als er noch bis zum Ende der Dienstreise zu konsumieren beabsichtigt, handelt es sich um eine so genannte eigenwirtschaftliche und damit nicht-dienstliche Ursache.
Und weiter im Text:
„Da sich ein Beamter bei einem Umweg nur ausnahmsweise im Dienst befindet, sind an die Feststellung, dass der Umweg dienstlich geprägt ist, hohe Anforderungen zu stellen. Dies ist auch erforderlich, um noch eine einigermaßen vorhersehbare Abgrenzung von Dienst und Nicht-Dienst zu ermöglichen. Eine dienstliche Prägung liegt etwa dann vor, wenn der Umweg allein deshalb notwendig ist, um Lebensmittel zum alsbaldigen noch während des Dienstes erfolgenden Verzehr einzukaufen, wenn die Beschaffung der Lebensmittel zur Wiederherstellung der Arbeitskraft notwendig ist. (…)  Der Einkauf von Lebensmitteln dient aber schon dann nicht allein der Wiederherstellung der Arbeitskraft, sondern wird durch private Zwecke überlagert, wenn sich der Beamte nicht auf den Einkauf des Lebensmittels beschränkt, das er zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft benötigt und er darüber hinaus weitere Einkäufe tätigt.
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat mehr eingekauft, als er zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft benötigte. Denn er hat nicht nur ein Getränk zum sofortigen Verzehr eingekauft bzw. Getränke, die er noch auf dem Weg nach Hause zu sich nehmen wollte, sondern einen 6er-Pack 0,5 l – Mineralwasserflaschen, wovon er unmittelbar nur eine Flasche benötigte. Dadurch wurde der Einkauf von privaten Ursachen überlagert. Unerheblich ist es, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass ein Teil der restlichen Flaschen vom Kläger bei anderen dienstlichen Gelegenheiten konsumiert werden sollte.
Wir und sicherlich auch die Beamten sind dem VG Sigmaringen für die Feststellung dankbar, dass den Beamten zugestanden wird, Lebensmittel gewissermaßen dienstlich zu sich zu nehmen, um ihre unschätzbare Arbeitskraft zu erhalten und bei Bedarf auch wiederherzustellen. Ja, unsere Beamten dürfen essen und trinken, damit sie arbeiten können! Die Entscheidung wollen wir juristisch nicht weiter beleuchten- sie findet jedenfalls schon allein aufgrund der Wortwahl der Richter Eingang in unsere Sammlung kurioser Rechtsfälle. Wir hoffen, dass dies für den geneigte Leser genauso erbaulich sein wird wie für uns. Im Namen des Volkes!
Verwaltungsgericht Sigmaringen, Urteil vom 10.07.2013, 1 K 4235/12
Mitgeteilt von: Kanzlei Cäsar-Preller, Wiesbaden
 
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