Nicht nur die Naspa, auch andere Kreditinstitute erleben derzeit eine regelrechte Klagewelle von Anlegern. Grund hierfür sind Wertpapiere, allen voran Zertifikate, welche – so die Argumentation – ohne ausreichende Risikoaufklärung an die betreffenden Anleger verkauft wurden. Gleichzeitig fand in vielen Fällen keine Aufklärung über seitens des Kreditinstituts vereinnahmte Provisionen und Vergütungen statt, was nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ebenfalls Schadensersatzansprüche auslösen kann.
Viele der Wertpapiergeschäfte datieren noch aus dem Jahr 2007 oder früher. Aus diesem Grunde mag so mancher Anleger denken, dass Ansprüche bereits verjährt sein könnten. Dies gilt jedoch nur in bestimmten Fällen, wie Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller aus Wiesbaden, Spezialist für Anlegerschutz, erläutert: „Ansprüche gegen die Bank, welche allein auf fehlende Aufklärung über die bestehenden Risiken gestützt werden, verjähren grundsätzlich gemäß § 37a des Wertpapierhandelsgesetzes taggenau drei Jahre nach dem Erwerb der Anteile. Wurden beispielsweise am 15.01.2007 Zertifikate erworben, so wäre am 15.01.2010 eine Verjährung der Ansprüche eingetreten, es sei denn, man hat in der Zwischenzeit Verhandlungen mit der Bank geführt oder Klage erhoben.“
Tatsächlich jedoch können die meisten Ansprüche gegen die Kreditinstitute auch noch auf weitere Ansprüche, insbesondere solche aus arglistiger Täuschung, gestützt werden, so Rechtsanwalt Cäsar-Preller. Ihm sei nach eigener Aussage kaum ein Anleger bekannt, welcher bei Erwerb der Wertpapiere gewusst habe, dass die Bank eine Vergütung in Höhe von 3,5 % oder mehr durch den Emittenten erhält: „Dieser Umstand wurde den Anlegern bewusst verschwiegen. Dies führt dazu, dass das handelnde Kreditinstitut sich nicht mehr auf die kurze Verjährungsfrist berufen kann. Für solche Fälle hat der BGH mit Urteil vom 12.05.2009 (II ZR 586/07) festgelegt, dass das Kreditinstitut die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass es insofern nicht vorsätzlich gehandelt hat – der Vorsatz wird mithin vermutet, was dazu führt, dass Ansprüche erst drei Jahre nach Entdeckung der arglistigen Täuschung durch den Anleger oder aber grob fahrlässiger Nichtkenntnis – welche wiederum von der Bank nachzuweisen wäre – verjähren.“
Diese Verjährungsfrist beginnt im Unterschied zur taggenauen Frist erst zum 01.01. eines Folgejahres und endet wiederum nach Ablauf von drei Jahren zum 31.12. Hat also ein Anleger im Laufe des Jahres 2008 in Erfahrung gebracht, dass er über gezahlte Provisionen und ggf. auch weitere Umstände arglistig getäuscht wurde, so hat er Zeit bis zum 31.12.2011, um diese Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Zum heutigen Zeitpunkt wäre eine Klage also noch möglich, selbst wenn die Wertpapiere schon vor 2008 erworben worden wären. Und den Nachweis einer Kenntniserlangung oder grob fahrlässigen Unkenntnis muss die Bank führen, nicht der Anleger.
Es verwundert nicht, dass die Banken sich gegen eine Haftung aus arglistiger Täuschung zur Wehr zu setzen versuchen: „Die Kreditinstitute, allen voran die Naspa, versuchen sich damit herauszureden, dass ihre Kundenberater nicht gewusst hätten, dass sie über Rückvergütungen aufklären müssten. Nach der klaren Rechtsprechung des BGH zieht ein solches Argument jedoch nicht, denn aufgrund verschiedener früherer Urteile des BGH aus den Jahren 1989 und 1990 hätte jedem klar sein müssen, dass über solcherlei Umstände eine Aufklärungspflicht besteht“, so Rechtsanwalt Cäsar-Preller.
Aktuell hat die Kanzlei Cäsar-Preller mehrere Urteile vor dem Landgericht Wiesbaden gegen die Naspa erstritten, welche eine vollständige Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts zum Inhalt haben. Gegenstand dieser Verfahren war der Verkauf von Merrill-Lynch-Zertifikaten. Und diese Fälle haben nach Auskunft des Rechtsanwalts Cäsar-Preller noch eine weitere Besonderheit: „Die Naspa hat sehr offensiv damit geworben, dass sich jährliche Zinsen von 8 % erwirtschaften ließen – und zwar garantiert. Das Verlustrisiko wurde in den Flyern der Naspa völlig ausgeblendet. Auch diesen Umstand werten wir als arglistige Täuschung der Anleger, wobei die Gerichte dies ebenfalls so sehen.“
In jedem Fall rät Rechtsanwalt Cäsar-Preller, welcher seit vielen Jahren im Anlegerschutz tätig ist und dessen Kanzlei noch weitere Anwälte beschäftigt, die Ansprüche durch einen geeigneten Rechtsanwalt prüfen und sich insbesondere nicht von vermeintlichen Verjährungsfristen abschrecken zu lassen. „In den meisten Fällen werden Ansprüche nicht durch Zeitablauf verjährt sein. In jedem Einzelfall muss geprüft werden, ob ein Fall der arglistigen Täuschung vorliegt, welcher die kurze Frist des Wertpapierhandelsgesetzes aushebelt. Anleger sollten allerdings nicht zu lange warten und nunmehr aktiv werden, um ihre berechtigten Ansprüche geltend zu machen. “
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