Wird einem (alt-)Versicherungsvertrag erfolgreich widersprochen (nach VVG-Novellierung nunmehr: widerrufen) kommt es zu einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs legt fest, welche Positionen durch die Versicherungen in Abzug gebracht werden können und welche nicht (Urt. v. 29.07.2015, Az. IV ZR 448/14).
Damit hat sich der BGH erstmals mit Einzelheiten zur Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen befasst, wenn gegen deren Zustandekommen gemäß § 5a Abs. 1 S.1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) der alten Fassung (a.F.) ein Widerspruch (heute Widerruf genannt) durch den Versicherungsnehmer erklärt wurde. Die Vorschrift regelte, dass die Widerspruchsfrist von 14 Tagen erst mit vollständiger Aufklärung über das Widerspruchsrecht zu laufen beginnt.
Der BGH hatte diesbezüglich zuvor im Mai 2014 bereits entschieden, dass ein Widerspruch bei fehlender Aufklärung auch noch Jahre später möglich ist. Die Richter hatten sich nunmehr der Frage zu widmen, welche Beträge an die ehemaligen Versicherungsnehmer zurückzuzahlen sind. Nach der Entscheidung aus dem letzten Jahr stand zwar bereits fest, dass die Prämien nicht in voller Höhe zurückverlangt werden können, aber ob das auch für andere Kosten-Positionen gilt, war bisher nicht klar.
Im aktuellen Fall – mit Urteil vom 29.07.2015 – hatten die Versicherungsnehmer ihre Verträge mehrere Jahre nach Abschluss zunächst gekündigt und nachfolgend noch widersprochen. Der Kündigungen wegen hatte die Versicherung bereits den vertraglich bestimmten Rückkaufswert erstattet. Die Versicherungsnehmer verlangten nunmehr nach dem Widerspruch die Rückzahlung sämtlicher geleisteter Beiträge nebst Zinsen abzüglich des Rückkaufswertes.
Das Oberlandesgericht Köln, als Vorinstanz, hatte den geschuldeten Wertersatz auf Grundlage der Prämienkalkulation der Versicherung geschätzt und die auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteile in Abzug gebracht. Dies sei nicht zu beanstanden, befand der BGH.
Die beklagte Versicherung wollte allerdings darüber hinaus noch andere Positionen in Abzug bringen. Der BGH billigte jedoch nur eine der vorgebrachten Abzugsposition zu. Der Versicherungsnehmer müsse sich die Kapitalertragssteuer nebst Solidaritätszuschlag, die der Versicherer für ihn an das Finanzamt abgeführt hat, als Vermögensvorteil anrechnen lassen. Alle anderen Positionen die der Versicherer daneben in Abzug bringen wollte seien aber nicht zu berücksichtigen.
Abgelehnt wurden damit, die für den Vertragsschluss angefallenen Abschluss- und Verwaltungskosten oder Zuschläge für Ratenzahlungen. Die Versicherer dürften sich diesbezüglich nicht auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen, weil diese Kosten unabhängig von den Verträgen angefallen und beglichen worden seien. Eine Richtlinienkonforme Auslegung des § 5a VVG a.F. gebiete, dass der Versicherer das Risiko der Abschlusskosten eines wirksamen Widerspruches zu tragen habe, entschied der BGH abschließend.
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