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Bei Firmeninsolvenzen sollen staatliche Gläubiger künftig bevorzugt werden. Sozialversicherungsträger können durch eine Änderung des vierten Sozialgesetzbuches (§ 28 e Abs. 1 SGB IV) in Zukunft vor allen anderen Gläubigern am verbliebenen Vermögen von Pleitefirmen bedienen. Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands fürchtet, dass durch diese Bevorzugung die Rettung von insolventen Betrieben und damit von Arbeitsplätzen deutlich schwerer werden könnte. Dort sieht man in der Gesetzesänderung einen schlimmen Systembruch und einen groben Verstoß gegen die vom Bundesgerichtshof bestätigte Gleichbehandlung der Gläubiger. Das Bundesjustizministerium wollte sich bisher wohl nicht zu der Gesetzesänderung mit der Drucksache 16/6986 äußern.
Bislang holen sich Finanz- und Sozialversicherungsbehörden oftmals noch vor der Insolvenzeröffnung per Zwangsvollstreckung Geld von den betroffenen Firmen. Das sei aber seit der Reform der Insolvenzordnung im Jahr 1999 nicht mehr zulässig. Daher konnte sich der Insolvenzverwalter das Geld über eine Anfechtung zurückholen und anschließend auf alle Gläubiger gleich verteilen. Mit dem Jahreswechsel nun wurde die Möglichkeit der Anfechtung über das vierte Sozialgesetzbuch eingeschränkt. Dadurch könnten Sozialversicherungsträger ihr Geld behalten, und die anderen Gläubiger guckten in die Röhre.
Zwar verschafft die Gesetzesänderung bislang nur den Sozialversicherungsträgern einen Vorteil. Bis weitere Privilegien geschaffen werden, könnte es aber nur eine Frage der Zeit sein. Denn ist der erste Sündenfall erst gemacht, fällt der zweite nicht mehr schwer. Zumal es jetzt keine Rechtfertigung mehr gibt, Finanzämtern und Berufsgenossenschaften die gleichen Rechte zu verweigern. Und dann könnte sich das von den öffentlich-rechtlichen Gläubigern abgegriffene Geld schnell auf mehr als eine Mrd. Euro summieren. Dieses Geld würde hinterher den privatwirtschaftlichen Gläubigern fehlen. Und wenn diese komplett leer ausgehen, könnte das Folgeinsolvenzen zur Folge haben.
Man rechnet damit, dass flächendeckende Konkursvorrechte der öffentlichen Hand zu einer rapide sinkenden Rettungsquote führen. Wenn früher beispielsweise 1000 Unternehmen gerettet werden konnten, wären es dann nur noch zehn. Das deutsche Insolvenzrecht verliert auf diesem Weg seinen sanierungsfreundlichen Charakter und verkommt zu einem Zerschlagungsrecht.
Schon vor zwei Jahren hatte die Bundesregierung versucht, das Insolvenzrecht derart zu ändern, dass Finanzämter, Sozialversicherungsträger und Berufsgenossenschaften bei Firmenpleiten als Erste Geld aus der Insolvenzmasse bekommen. Damals allerdings hatte der Bundestag die geplante Gesetzesnovelle abgelehnt. Nun habe die Regierung das Parlament ausgetrickst und die brisanten Änderungen in einem nicht zustimmungspflichtigen Gesetzesentwurf versteckt, der sich mit Verfahrensfragen im Arbeits- und Sozialrecht befasst.
Die Insolvenzzunft ist erheblich verstimmt und fordert wie auch der Rechtsausschuss des Bundestages – er wurde im Gesetzgebungsverfahren zugunsten des Ausschusses für Arbeit und Soziales ausgeblendet – die sofortige Rücknahme der vorgenommenen Gesetzesänderung. Man sieht ein skandalöses Übergehen des Willens des Parlaments und dessen Mehrheitsbeschlusses. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Bundesregierung das Parlament und die Insolvenzzunft ausgetrickst hat.

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