Das Oberlandesgericht München hat sich kürzlich zu einem höchst umstrittenen juristischen Problem aus dem Bereich Erbrecht zu äußern gehabt. Der Wiesbadener Rechtsanwalt und Joachim Cäsar-Preller darf insoweit einmal die klassische Frage an den geneigten Leser stellen: „Wie würden Sie entscheiden?“
Der 79jährige kinderlose und unverheiratete Erblasser war 2012 verstorben. Im Jahre 2010 hatte er kurz nach Weihnachten ein privatschriftliches Testament errichtet, in dem er unter anderem festgehalten hatte:
„Das Haus und meine anderen Sachen sollen bekommen, wer sich bis zu meinem Tode um mich kümmert.“
Bezeichnend war hier bereits, wer alles vor Gericht zog: Tatsächlich schienen vier Brüder, zwei Neffen und zwei Nichten, insgesamt also acht (!) Verwandte des Erblassers, der Meinung zu sein, jeweils die Person zu sein, die sich am meisten um den Erblasser gekümmert hat, und damit nunmehr das Erbe antreten kann.
Das Oberlandesgericht hat die Klausel als nichtig erklärt. Es hat argumentiert, dass der Erblasser laut Gesetz die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen darf. Die vom Erblasser gewählte Formulierung sei aber so vage, dass sie faktisch bedeute, dass ein Dritter nun entscheiden müsse, wer denn nun Erbe ist. Die Verfügung sei daher in Gänze nichtig.
Die Entscheidung der bayerischen Richter sieht sich allerdings in der Literatur bereits starker Kritik gegenüber. Das erstinstanzlich zuständige Nachlassgericht hatte sich nämlich tatsächlich noch die Mühe gemacht, herauszufinden zu versuchen, wer von den in Betracht kommenden Personen denn am ehesten den Anforderungen des Erblassers gerecht wurde. Gerade bei Laientestamenten dürften die Gerichte nicht „faul“ sein, sondern müssten sich nach Kräften bemühen, den tatsächlichen Willen des Erblassers, der natürlich nicht mehr selbst gefragt werden kann, durch Auslegung wohlwollend zu ermitteln. Maßgeblich ist nicht allein der Wortlaut einer Verfügung, sondern was der Erblasser tatsächlich hatte sagen wollen.
Was kann der beratende Rechtsanwalt auf dem Gebiet Erbrecht hierzu sagen? Doch nur, dass ein kluger Erblasser sich doch von vornherein gar nicht allein auf das für ihn unsichere Gebiet der Testaments-errichtung begeben, sondern sich fachkundiger anwaltlicher Hilfe versichern sollte. Der hier geschilderte Fall zeigt ja: Der Erblasser wusste genau, was er wollte, hat dies jedoch so unklar niedergelegt, dass ein Gericht die Verfügung später für nichtig erklärte. Hier sollte es doch im wohlverstandenen Interesse eines jeden sein, sicherzustellen, dass der wirkliche Letzte Wille schlussendlich auch wirklich durchgesetzt und nicht etwa womöglich von einem Gericht ganz anders ausgelegt wird.
Oberlandesgericht München, Beschluss vom 22.05.2013, Az. 31 Wx 55/13
Mitgeteilt von: Kanzlei Cäsar-Preller, Wiesbaden
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