Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann eine Versorgungssperre gegen säumige Mieteigentümer so lange erlassen, bis die rückständigen Beiträge nahezu vollständig gezahlt wurden. Die Grenze der Treuwidrigkeit ist erst dann überschritten, wenn der Vollzug der Versorgungssperre unverhältnismäßig wäre (OLG Dresden, Beschluss, Az. 3 W 0082/07).
Der Fall: Zwei zusammengelegte Eigentumswohnungen wurden von deren Eigentümerin, ihrem Lebensgefährten und sieben Kindern bewohnt. Die Eigentümerin schuldete für ein Jahr rückständiges Wohngeld sowie den Nachzahlungsbetrag aus einer Hausgeldabrechnung und die Kostenerstattung aus vorangegangenen Verfahren. Über die Zahlung der laufenden Hausgeldbeiträge hinaus war von ihr keine Zahlung zu erwarten, da über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet war. Die WEG begehrte Zutritt zu den Wohnungen, um die Versorgung der Wohnung mit Heizenergie sowie Kalt- und Warmwasser abzustellen. Das LG Dresden stimmte dem teilweise zu, das OLG ist dem gefolgt.
Die Folgen: Das OLG stellte fest, dass bei selbst genutzten Eigentumswohnungen die WEG ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB hinsichtlich der von ihr zu erbringenden Versorgung zusteht, wenn ein Wohnungseigentümer mit seinen laufenden Beitragspflichten in Verzug gerät. Voraussetzung ist, dass der Rückstand einen erheblichen Umfang erreicht und völlig zweifelsfrei bestehen muss. Einschränkungen können sich aus Treu und Glauben ergeben, z. B. wenn die Versorgungssperre unverhältnismäßig wäre. Angesichts der sieben in der Wohnung lebenden Kinder würde das OLG Dresden dies bei der Versorgungssperre gegeneine Mieterin bejahen, gegenüber einer säumigen Eigentümerin verneinte es diese Einschränkung aber.
Was ist zu tun? Gegenüber säumigen Hausgeldzahlern war die Gemeinschaft in der Vergangenheit rechtlich weitgehend schutzlos, da sie bei belastetem und selbst genutztem Eigentum nicht erfolgreich vollstrecken konnte. Diesem Missstand ist im Zug der Novellierung des WEG durch eine Änderung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG Rechnung getragen worden: Rückständigen Beiträgen wird nun in der Zwangsvollstreckung ein Vorrang auch gegenüber dinglichen Rechten eingeräumt. Der Eigentümergemeinschaft kann daher nur geraten erden, derartige Rückstände möglichst schnell titulieren zu lassen und dann zu vollstrecken. Sobald ein solcher Titel erstritten ist, kann der Miteigentümer über die Versorgungssperre zusätzlich zur Mobilisierung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit motiviert werden. Bei einer vermieteten Eigentumswohnung ist dieses letzte Zwangsmittel allerdings nicht möglich.
Neueste Kommentare