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(Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. Oktober 2014)
Beamte haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Entschädigung, weil die Höhe ihrer Bezüge entgegen den Vorgaben der „Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ allein von ihrem Lebensalter abhing. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig heute entschieden.
Die Kläger sind Beamte oder Soldaten, für die die besoldungsrechtlichen Bestimmungen der Länder Sachsen-Anhalt und Sachsen bzw. des Bundes maßgeblich sind. Die früher anzuwendenden gesetzlichen Besoldungsregelungen (§§ 27 und 28 BBesG a.F.) knüpften die erste Einstufung in die Tabelle der nach der Dienstzeit aufsteigenden Dienstbezüge allein an das Lebensalter des Betreffenden an. Nach dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht) benachteiligt dies jüngere Beamte ungerechtfertigt wegen ihres Alters.
Das BVerwG hat einigen der Beamten eine Entschädigung i.H.v. 100 €/Monat zugesprochen, abhängig vom jeweils maßgeblichen Besoldungsrecht sowie vom Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs.
Nach den nunmehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen werden neu eingestellte Beamte regelmäßig in die erste Stufe eingruppiert. Ihr Grundgehalt steigt anschließend mit ihrer Dienstzeit an; diese Anknüpfung der Besoldung an die im Dienstverhältnis verbrachte Zeit steht mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang. Nach dem geltenden Besoldungsrecht der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die vorhandenen Beamten in dieses neue System übergeleitet. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich diejenige Dienstaltersstufe, die die Beamten nach bisherigem Recht erreicht hatten. Die damit verbundene Perpetuierung der bisherigen diskriminierenden Wirkung ist nach dem genannten Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 aber gerechtfertigt.
Deshalb scheiden für Beamte des Landes Sachsen-Anhalt Ausgleichsansprüche für den Zeitraum ab dem 1. April 2011 aus. Für Beamte des Freistaates Sachsen gilt dasselbe für den Zeitraum ab dem 1. September 2006. Denn im Freistaat Sachsen ist das neue Besoldungssystem zulässigerweise rückwirkend zu diesem Datum in Kraft gesetzt worden. Diese gesetzliche Regelung hat für die betroffenen Beamten keine belastende Wirkung und führt zudem dazu, dass für die Besoldung der Beamten des Freistaates Sachsen für den Zeitraum ab dem 1. September 2006 überhaupt eine gesetzliche Regelung besteht, die mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang steht.
Ein Anspruch von Beamten als Ausgleich für die frühere, an das Alter anknüpfende Bemessung ihrer Dienstbezüge kann allein nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bestehen. Diese Vorschrift räumt bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf angemessene Entschädigung ein. Dagegen ist bereits nach dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 die Einstufung der Beamten in eine höhere oder gar die höchste Stufe der jeweiligen Besoldungsgruppe ausgeschlossen. Denn die unzulässige Benachteiligung wegen des Alters erfasst sämtliche Gruppen von Beamten. Deshalb besteht kein gültiges Bezugssystem mehr, an das der Anspruch auf Gleichbehandlung anknüpfen könnte. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch scheidet als Grundlage ebenso aus wie der verschuldensabhängige Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen waren erst mit der Bekanntgabe des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 (C-297/10 u.a., Hennigs und Mai) erfüllt.
Die Regelung des § 15 Abs. 2 AGG erfasst auch den Fall, dass sich der Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters nach § 7 Abs. 1 AGG aus der korrekten Anwendung von bundesgesetzlichen Bestimmungen (hier §§ 27 und 28 BBesG a.F.) ergibt. Wegen der unionsrechtskonformen Überleitungsbestimmungen der Länder und des Inkrafttretens des AGG im August 2006, das die oben genannte Richtlinie in innerstaatliches Recht umgesetzt hat, kommt ein Entschädigungsanspruch aber lediglich für den Monat August 2006 (Sachsen) bzw. für den Zeitraum von August 2006 bis Ende März 2011 (Sachsen-Anhalt) in Betracht; danach galt jeweils das unionsrechtskonforme neue Besoldungsrecht. Als angemessen im Sinne von § 15 Abs. 2 AGG hat das BVerwG eine pauschale Entschädigung von 100 €/Monat angesehen. Da das AGG erst Mitte August 2006 in Kraft getreten ist, ist der Entschädigungsbetrag für diesen Monat zu halbieren.
In Anwendung dieser Grundsätze hat das BVerwG den klagenden Beamten – je nach dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs und dem Inkrafttreten des neuen, unionsrechtskonformen Besoldungsrechts – einen Zahlungsanspruch in bestimmter Höhe zuerkannt (im Streitfall mit dem längsten Zeitraum in Höhe von 5 550 €, in einem Fall aus Sachsen lediglich i.H.v. 50 €) oder die Klage abgewiesen.
In den Streitfällen der Soldaten, deren Besoldung ebenfalls in den §§ 27 und 28 BBesG a.F. geregelt war, hat das BVerwG dagegen keinen Anspruch auf Entschädigung zuerkannt. Denn diese hatten ihre Ansprüche wegen der unionsrechtswidrigen Besoldung erst nach Ablauf der für sie maßgeblichen Ausschlussfrist gegenüber der Bundeswehr geltend gemacht. Auf die Frage, ob die Richtlinie auf die Besoldung von Soldaten überhaupt Anwendung findet, kam es deshalb nicht an.
BVerwG 2 C 3.13 – Urteil vom 30. Oktober 2014
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